Patrick Schicht

(Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat für Wien, Austria)

Als bedeutendste Wehranlage des Landes Salzburg erfreut sich die Festung Hohensalzburg seit dem frühen 19. Jahrhundert einer regelmäßigen Bearbeitung durch Archäologen, Historiker und Bauforscher. Sie konnten bereits eine Reihe von Fragen zur Baugeschichte beantworten und vor allem die durch Schriftquellen gut fassbare Entwicklung ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert umfassend aufarbeiten. Dem gegenüber wurde die Frühzeit der Festung meist ausgeklammert und summarisch bzw. historisch abgehandelt.

Dieses Bild änderte sich schlagartig, als 1997 zufällig die Reste eines bemalten 6-teiligen Fensters aufgedeckt wurden und parallele Grabungskampagnen von 1993-1998 neben zahlreichen Hinweisen auf original erhaltene Bausubstanz auch die alte Burgkapelle samt umfangreichen Fresken und Stuckornamenten freilegen konnten. Dazu erfolgten in dieser Zeit größere Fassadenarbeiten und der Umbau des Museums, die eine detaillierte Befundung des Hohen Stockes erlaubten. Ergänzt wurde die große Menge neuer Erkenntnisse durch eine Computer-unterstützte verformungsgerechte Vermessung der BGV2, deren relativ genaue Pläne als Grundlage für eine korrekte Erfassung aller Baubefunde dienen konnten.

In Absprache mit dem Festungsverwalter Dr. Bayr sowie dem Stadtarchäologen Dr. Kovacsovics (SMCA) und dem Landeskonservator Dr. Schlegel (BDA) wurde deshalb vom Verfasser 2002 gemeinsam mit Prof. Dr. Hueber (TU-Wien) ein entsprechendes Dissertationsthema avisiert. Bei ersten Recherchen kristallisierte sich heraus, dass die Festung nur im Rahmen des überregionalen Burgenbaus des Erzbistums zu verstehen sein würde. Als Titel und Forschungsthema der Arbeit wurde deshalb „Die Festung Hohensalzburg und der hochmittelalterliche Burgenbau der Erzbischöfe von Salzburg“ angemeldet.

Dafür wurden zunächst die zahlreich vorliegenden Einzeluntersuchungen, Fotos, Befundpläne und historische Beschreibungen gesammelt und sortiert sowie zugänglich belassene Originalbauteile vom Autor neu aufgenommen. Sämtliche wesentliche Daten und Befunde wurden in einer Kartei erfasst und in den Grundrissen, Schnitten und Fassadenabwicklungen eingearbeitet.
Im einzelnen Kapiteln wurden der Bauchronologie folgend die Hauptbauphasen erarbeitet, auf Grundlage des Befundkatalogs im Bestand erfasst und rekonstruiert. Die Datierung erfolgte jeweils streng getrennt nach Typologie, Bautechnik, Kunstgeschichte, Archäologie, Naturwissenschaft und historischen Daten. Abschließend wurden die gesammelten Datierungshinweise abgeglichen, in den baulichen Kontext gestellt und historisch sowie baukünstlerisch gewürdigt.
Als Ergebnis konnte eine bemerkenswert vollständige Baugeschichte der frühen Festung erarbeitet werden, die wesentliche Entwicklungsschritte vom frühen Wehrbau zum spätmittelalterlichen Repräsentationsbollwerk nachvollziehen lässt. Die einzelnen Bauetappen wurden mittels Strukturplänen und Visualisierungen virtuell rekonstruiert und so in ihrer einstigen Kubatur fassbar gemacht.