Dölf WILD
(Stadtarchäologie Zürich, Switzerland)

 

Outline: Ein archäologischer Befund allein sagt für sich genommen nicht viel aus. Nur die Hinzunahme weiterer Quellen hilft das Vorgefundene sicherer zu interpretieren. Bei Plätzen stellt sich die Frage, zu was sie gedient haben, lässt sich sagen, was wann dort stattgefunden hat und wer das organisierte?

In Zürich standen sich im 13./14. Jahrhundert die Äbtissin des Fraumünsters als nominelle Stadtherrin und der Rat der Bürgerschaft konkurrenzierend um die Macht gegenüber. Der Münsterhof, der einzige planmässig angelegte Platz der Stadt steht in interessanter Art und Weise im Spannungsfeld dieser Auseinandersetzung. Es geht hier um die Frage, wo wurden welche politischen Rituale im Gefüge der Stadt abgehalten.

Abstract: Zürich ist mit seiner bis in keltisch-römische Zeit zurückreichenden Geschichte keine Grün-dungsstadt mit geplanter, rationaler Baustruktur. Ein Spiegel davon sind die vier grösseren Plätze der Stadt, Münsterhof, Lindenhof, Rathausbrücke und Stüssihofstatt mit ihrer unter-schiedlichen Genese und historisch-archäologischen Fragestellung.

Zuerst werden hier kurz Fragen zum „Sinn“ von Plätzen allgemein aufgeworfen. Gibt es funk-tional zwingende Gründe auf für die Anlage von Plätzen? Es wird die These aufgestellt, dass ihr Nutzen am ehesten auf der symbolischen Ebene der Kommunikation von Repräsentation und Herrschaft zu suchen ist. Man muss keine Plätze schaffen, man kann es, wenn man will.

Im Folgenden wird dies am Beispiel Zürichs diskutiert. Der Münsterhof ist Zürichs einziger urbaner Platz, der im Mittelalter als solcher angelegt worden ist. Um 1300 wurde dafür vor dem Fraumünster, einer wichtigen Zürcher Kirche, ein Friedhof, eine Kapelle und eine Anzahl Häuser beseitigt. Doch wie ist dieser archäologische Befund zu deuten? Die bisherige Erklärung basierte auf der Grundannahme einer linearen historischen Entwicklung, welche durch das Bild des Befundes zusätzlich gestützt zu werden scheint. Hier werden nun diese Annahmen infrage gestellt und unter Zuhilfenahme weiterer Quellen ein anderes Bild ge-zeichnet. Dabei erweist sich insbesondere die Frage nach dem Zweck, welcher diesem Platz im Stadtgefüge zukam, als besonders ergiebig.

In einem kurzen Rundblick sollen sodann skizzenartig die drei anderen genannten Plätze oder Freiflächen Zürichs vorgestellt werden. Der Lindenhof ist durch Abbruch der ehemaligen Pfalz, respektive Stadtburg zur Freifläche geworden und ist es durch ein frühes Bauverbot bis heute geblieben. Die Rathaus- oder Gemüsebrücke überspannt unmittelbar neben dem Rathaus den Fluss Limmat. Um Raum zu gewinnen, wurde diese Brücke im Laufe der Zeit zu einem veritablen Platz verbreitert. Beim Stüssihof ging ein führendes Geschlecht daran, eine standesgemässe Stadtresidenz zu bauen und dieser durch Abbruch einiger Häuser ein repräsentatives Vorgelände zu schaffen. Der Sturz dieser Familie vereitelte ersteres, der Platz besteht noch heute.

Keywords: Platz, Öffentlichkeit, Repräsentation, Methode und Fragestellung